10. Dec 2025
In mehreren Bundesländern werden standardisierte Beobachtungsbögen wie SISMIK und SELDAK bei Sprachstandserhebungen eingesetzt. Für Träger und Kitas kann das sinnvoll sein: Einheitliche Verfahren schaffen Vergleichbarkeit zwischen Einrichtungen und erleichtern fachliche Auswertungen. Für Software-Anbieter, die diese Verfahren digital abbilden wollen, entsteht dadurch jedoch ein echtes Ärgernis.
Die Bögen sind meist Publikationen mit Rechten. Rechteinhaber - wie der Herder-Verlag - lizensieren die digitale Integration oft gar nicht erst und bringen selbst digitale Produkte oder Plattformen auf den Markt. Das hat mehrere Folgen:
Keine Lizenzen für Drittanbieter. Drittanbieter erhalten oft keine Lizenzen. Das bedeutet: Ihre Apps können die gesetzlich oder fachlich geforderten Bögen häufig nicht technisch vollständig abbilden - etwa weil bestimmte Inhalte oder Formate nicht weitergegeben werden dürfen.
Bevorzugung des Rechteinhabers in der Praxis. Wenn Vorgaben, Ausschreibungen oder konkrete Empfehlungen auf ein bestimmtes Verfahren verweisen, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Träger die vom Rechteinhaber angebotene digitale Lösung wählen. Das reduziert echten Wettbewerb: Wer das Verfahren nicht lizenzieren darf, bleibt außen vor - selbst wenn die eigene Lösung in anderen relevanten Bereichen besser wäre.
Kurz: Digitalisierungsprojekte verzögern sich, und der Markt verengt sich. Anbieter, die in anderen wichtigen Kita-Funktionen - etwa Anwesenheitserfassung, Kommunikation oder Portfolioarbeit - besser aufgestellt sind, können nicht zum Zuge kommen, wenn ihnen der Zugang zu offiziell geforderten Bögen versperrt bleibt. Das zwingt Träger dazu, starrere, datenschutzschwächere Systeme zu akzeptieren - eine reale Gefahr für vertrauliche Daten.
Wenn öffentliche Vorgaben oder Ausschreibungen konkrete, lizenzgebundene digitale Lösungen indirekt bevorzugen, kann das dazu führen, dass ein einzelner Anbieter de facto zur Standardlösung wird. Das führt zu einer Monopolstellung und einem staatlich begünstigtem Marktverhältnis, das Wettbewerb und Innovation einschränkt.
Vor einer Kaufentscheidung lohnt sich ein Blick in Marktübersichten (z. B. in die IFP-Listen): Anbieter, die stark in der Beobachtungsdokumentation sind, sind oft nicht in allen anderen Kita-Funktionen gleich stark. Vergleiche Funktionalität, Datenschutz, Schnittstellenfähigkeit und langfristige Kosten - nicht nur, ob ein offizieller Bogen abgebildet wird.
Lizenzgebundene Beobachtungsbögen mögen fachliche Vergleichbarkeit schaffen - doch sie dürfen nicht als Vorwand dienen, den Markt abzuriegeln. Ausschreibungen müssen funktional ausgerichtet und verfügbare Lizenzen vorgeschrieben werden, sonst ersticken wir Wettbewerb, Innovation und die Wahlfreiheit der Träger im Keim.